Relikte römischer Landvermessung
Nachdem die beiden Adoptivsöhne von Kaiser Augustus, Drusus und Tiberius, im Sommer des Jahres 15 v. Chr. die in den Alpen und im Alpenvorland siedelnden Völkerschaften unterworfen hatten, konnte die Nordgrenze des Römischen Reichs auf dem Gebiet der späteren Provinz Rätien bis zur Donau vorverlegt werden. Die dauerhafte Besetzung ganz Germaniens bis zur Elbe und die Einrichtung der Provinz Germania magna scheiterte jedoch 9 n. Chr mit der Niederlage des Varus gegen Arminius, so dass nach Osten letzlich der Rhein Reichsgrenze blieb.
Um rasche Truppenverschiebungen zwischen Donau und Rhein zu ermöglichen, ließ Kaiser Vespasian (69–79 n. Chr.) von Straßburg aus eine Straße durch den Schwarzwald bis nach Rätien anlegen und mit Kastellen sichern. In der folgenden Zeit wurde im Gebiet zwischen Rhein und Donau schrittweise weiteres Land besetzt und mit einer militärisch gesicherten Grenze geschützt, dem Limes. Nach wiederholten Einfällen der Alamannen gaben die Römer um 260 den Limes auf und verlegten die Grenze an Rhein und Donau zurück.
Obwohl die Herrschaft der Römer nicht einmal 200 Jahre währte, gelang es ihnen in dieser Zeit, das Land hinter dem Limes umfassend zu erschließen und zu entwickeln. Die römischen Siedlungen und Militärstützpunkte wurden mit einem Netz fester Straßen verbunden. Die Abbildung zeigt die Römerstraße nördlich von Rangendingen, die heute zum Wirtschaftsweg ausgebaut ist. Sie verband Rottenburg (Sumelocenna) mit Rottweil (Arae Flaviae). Der Blick geht nach Südwesten. Hier müssen die Bürger Sumelocennas entlanggezogen sein, als sie sich vor den einfallenden Alamannen in Sicherheit brachten.
Die Römer führten die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen einer intensiven Bewirtschaftung zu. Allein auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württembergs sind mehr als 1200 Gutshöfe nachweisbar. In manchen Gegenden des Mittelmeerraums ist das rechtwinklige Wegenetz, mit dem die Römer das bewirtschaftete Land einteilten (Limitation), noch heute zu erkennen. Obwohl man davon ausgehen kann, dass es solche Limitationsnetze auch im deutschen Südwesten gegeben hat, konnten sie hier bisher nicht sicher nachgewiesen werden.
Wenn sich die Römerstraßen an einzelnen Stellen derart in die Landschaft eingeprägt haben, dass sie – wie der in der Abbildung gezeigte Abschnitt – noch heute benutzt werden, dann ist es auch möglich, dass vereinzelt auch die Wirtschaftswege der Limitationsnetze noch im Gelände zu erkennen sind. Die von Sumelocenna kommende Römerstraße quert im weiteren Verlauf bei der Rangendinger Mühle die Starzel und stößt nach ca. 500 m auf die L 410 zwischen Rangendingen und Haigerloch. Anschließend entspricht deren Streckenverlauf knapp 2 km lang ungefähr der Römerstraße, bis nach Norden die Zufahrt nach Haigerloch-Hart abzweigt. Es besteht Grund zur Annahme, dass auch sie einem ehemaligen Römerweg folgt und dass auf der Flur von Hart noch Reste eines römischen Limitationsnetzes vorhanden sind:
Relikte römischer Landvermessung auf der Gemarkung von Haigerloch-Hart?