Der Aachener Dom Karls des Großen

Abb. 1: Das innere Oktogon des Aachener Domes
Abb. 2: Der Grundriss im Erdgeschoss nach J. Buchkremer (1900)

Unter den karolingischen Kirchen ist der von Karl dem Großen erbaute Aachener Dom zweifellos die bedeutendste, und mit Fug und Recht kann man ihn auch zu den bedeutendsten Kirchen in Deutschland überhaupt zählen. In seinen zentralen und westlichen Teilen ist die ursprüngliche karolingische Bausubstanz noch weitgehend erhalten. Bereits die Zeitgenossen stellten die der Muttergottes Maria geweihte Kirche, deren Baubeginn um 795 datiert wird, in die Nachfolge des Salomonischen Tempels. Sie war über viele Jahrhunderte Krönungsstätte der deutschen Könige. Die Baugestalt des Zentralbaus wird durch die Kombination eines oktogonalen Innenraums (Abb. 1) und einer sechzehneckigen Außenkontur bestimmt. Den Innenraum überdeckt ein achtseitiges Klostergewölbe, das jahrhundertelang die weiteste und höchste holzlose Raumüberdeckung nördlich der Alpen blieb. Der den Innenraum umgebende Umgang vermittelt mittels acht dreieckiger und acht viereckiger Kompartimente zwischen Oktogon und Sechzehneck (Abb. 2). Dem Zentralbau war ursprünglich im Osten ein kleines rechteckiges Altarhaus vorgelagert (Ostbau). Es ist heute durch den großen gotischen Chor ersetzt, dessen Baubeginn in die Jahre 1353–1355 fällt.

In einer umfangreichen, Ende 2018 in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins erschienenen Veröffentlichung habe ich mich ausführlich mit der Geometrie des Aachener Domes, insbesondere mit dem beim Bau verwendeten Werkmaß und der mit den Maßzahlen der wichtigsten Abmessungen sowie der Baugestalt verbundenen Symbolik auseinandergesetzt.1 Wo nichts anderes angegeben ist, stütze ich mich hier auf die dortigen, umfassend mit Quellen belegten Ausführungen. Zu dieser Fragestellung wurden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die jüngste Vergangenheit zahlreiche Theorien aufgestellt, die an dieser Stelle nicht im Einzelnen diskutiert werden können. Die bekannteste geht auf der Grundlage des ca. 33,3 cm langen drusianischen Fußmaßes davon aus, dass bei der Grundrissplanung eine Länge der inneren Abwicklung des Oktogons (Summe der acht inneren Oktogonseiten) von genau 144 Fuß beabsichtigt wurde. Dieses Maß sei nach dem Vorbild des Himmlischen Jerusalem gewählt worden: Nach der Offenbarung des Johannes maß der Engel vor den Augen des Sehers die Mauer der heiligen Stadt mit 144 Ellen (Apc 21, 17).

Die Wände und Pfeiler des Zentralbaus erhielten im Zuge einer Gesamtrestaurierung, die zu Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend im neobyzantinischen Stil vorgenommen wurde, eine Marmorverkleidung (Abb. 1). Die ursprünglichen Abmessungen des Erdgeschosses lassen sich aber einem vom ehemaligen Dombaumeister Joseph Buchkremer im Jahr 1900 noch vor Anbringung der Marmorplatten angefertigten Maßblatt entnehmen (Abb. 2). Die Maße im Umgang und an den Oktogonpfeilern bieten zur Durchführung einer Maßanalyse eine hervorragende Datenbasis. In Abb. 3 sind die Mittelwerte sowie die Minimal- und Maximalwerte der jeweils korrespondierenden Maße in den Grundriss des nördlichen Umgangskompartiments eingezeichnet.2 Bei genauer Betrachtung fallen Gesetzmäßigkeiten auf: Beispielsweise stehen die Länge der Pfeilervorlagen am Oktogon zum Umgang (c) mit 0,380–0,440 m, deren Länge zum Innenraum (b) mit 0,860–0,890 m sowie deren Breite (a) mit 1,045–1,078 m im Verhältnis von 1 : 2 : 2,5.


Abb. 3: Die Maße im Erdgeschoss-Umgang des Aachener Domes
Abb. 4: Die zugehörigen cubitus-Maße

Es hat sich herausgestellt, dass Maß (c) mit einem Rechenwert von 42,81 cm tatsächlich Planungsgrundlage des Zentralbaus des Aachener Domes war. Nach dem Vorbild des römischen cubitus (Elle), der die 1 1/2-fache Länge des römischen Fußes hatte, handelt es sich dabei um den cubitus eines 28,54 cm langen Fußmaßes. Das dem Dom im Westen vorgelagerte karolingische Atrium wurde nicht nach dem cubitus, sondern nach dem 28,54 cm langen Fuß geplant. Angesichts des Baubeginns um 795 ist die Annahme berechtigt, dass dieses Fußmaß im Rahmen der für die vorhergehenden Jahre nachweisbaren Aktivitäten Karls des Großen auf dem Gebiet des Münz-, Gewichts- und Maßwesens normiert wurde. Es lässt sich in ähnlicher Größe noch an Bauten des Doms aus dem 14. und 15. Jahrhundert nachweisen: Felix Kreusch ermittelte an Werkrissen, die aus der Bauzeit des gotischen Chors erhalten sind, ein Fußmaß mit 28,64 cm Länge.3 Für das um 1450 errichtete ehemalige Marienchörchen (auch Marienkapelle) gab Karl Becker ein 28,52 cm langes Fußmaß an.4 Ich habe für den Fuß mit einem Rechenwert von 28,54 cm deshalb die Bezeichnung „Aachener Kirchenfuß“ vorgeschlagen.

Abb. 4 zeigt die den Abmessungen von Abb. 3 zugehörigen cubitus-Maße. Von den zehn Maßen sind bis auf die Länge der Pfeilervorlagen zum Umgang (e) alle Vielfache von 1/2 cubitus, sechs sogar ganzzahlig. Wie weiter unten gezeigt wird, ergibt sich das 2 1/4 cubiti lange Maß (e) zwangsläufig aus der Gesamtplanung.

Zur Analyse der in Abb. 3 eingezeichneten Maße soll im Folgenden eine gegenüber meiner o. g. Veröffentlichung verbesserte Methodik zur Anwendung kommen. Sie stützt sich auf das von Norbert Stachura zur Analyse von Baumaßen entwickelte δ(delta)-Verfahren.5 Für eine gegebene Abmessung A0 und eine gegebene Grundeinheit E gilt die δ-Funktion:

Der Quotient aus der Abmessung A0 und der Grundeinheit E ergibt die Anzahl der Grundeinheiten E, die in der Abmessung A0 enthalten sind, also die auf die Grundeinheit bezogene Maßzahl. Der Integer-Wert (Ganzzahl-Wert) des in Klammern gesetzten Terms rundet diese Maßzahl auf ganzzahlige Werte. Dementsprechend bezeichnet δ die Differenz zwischen der genauen und der ganzzahligen Maßzahl; δ kann Werte zwischen 1/2 und 1/2 annehmen, δ2 folglich zwischen 0 und 1/4.

Betrachten wir die Verhältnisse an einem realen Bauwerk: Wenn wir annehmen, dass der Erbauer eine Abmessung A0 als Vielfaches einer Grundeinheit E vorgesehen hat, dann wird die tatsächliche Länge der Abmessung A0 (Istmaß) zumeist mehr oder weniger von diesem geplanten Maß (Sollmaß) abweichen. In erster Linie ist dafür die sog. Bauungenauigkeit verantwortlich zu machen; darüber hinaus gehen auch nachträgliche Veränderungen des Baukörpers und die Ungenauigkeit bei der Maßabnahme in diesen Fehler mit ein. Bleibt der Fehler innerhalb eines gewissen Ausmaßes, dann beschreibt die δ-Funktion die relative Größe dieses Fehlers, bezogen auf die Größe der Grundeinheit E. Dies wird deutlich, wenn wir Formel (1) folgendermaßen umstellen:

Der fettgedruckte Term – das Produkt der Grundeinheit E und der ganzzahlig gerundeten Maßzahl – entspricht der auf ganzzahlige Vielfache der Grundeinheit E gerundeten Abmessung A0. Unter der Voraussetzung, dass der Fehler innerhalb des Rundungsbereichs liegt (halbe Größe der Grundeinheit E), dann ist dieser gerundete Wert mit dem vom Erbauer vorgesehenen Sollmaß identisch. In diesem Fall bezeichnet die Differenz zwischen dem gemessenen Wert der Abmessung A0 (Istmaß) und diesem Sollmaß die absolute Größe des Fehlers, die δ-Funktion dessen relative Größe, bezogen auf die Grundeinheit E.

Da der Fehler innerhalb des Rundungsbereichs (halbe Größe der Grundeinheit E) liegen muss, wird Stachuras δ-Verfahren bei kleineren Abmessungen eher verlässliche Ergebnisse liefern als bei sehr großen, denn die Genauigkeit der Bauausführung nimmt mit der Größe der Abmessung naturgemäß ab. Die in Abb. 3 eingezeichneten, eher kurzen Abmessungen im unteren Umgang des Zentralbaus sind deshalb zur Anwendung des δ-Verfahrens besonders geeignet. Hinzu kommt, dass es sich um gemittelte Maße handelt, bei denen sich die Fehler der Einzelmaße bei der Mittelwertbildung bereits teilweise gegeneinander aufgehoben haben. Nach dem Vorschlag von Stachura sollen zur Maßanalyse eines Bauwerks für die denkbaren Grundeinheiten E jeweils über alle in die Untersuchung einbezogenen Abmessungen Ai die Mittelwerte von δ2 berechnet werden. Das beim Bau des Gebäudes verwendete Längenmaß oder seine Teiler (z. B. 1/2 oder 1/4 der Maßeinheit) sind dann bei denjenigen Werten der Grundeinheit E zu suchen, bei denen der Mittelwert von δ2 besonders klein wird. Um die in Formel (2) dargestellte Anschaulichkeit der δ-Funktion – das Verhältnis zwischen der Differenz von Istmaß und Sollmaß (wenn der Fehler innerhalb des Rundungsbereichs liegt) und der Grundeinheit E – zu erhalten, weichen wir in der Folge von Stachuras Vorgehen ab und bilden gemäß Formel (3) aus der Anzahl n der Abmessungen Ai den Mittelwert nicht aus δ2, sondern aus dem Absolutwert von δ und nennen ihn mittlere relative Differenz d:

Im oberen Diagramm von Abb. 5 sind für die 10 gemittelten Abmessungen von Abb. 3 und die Grundeinheiten E von 5,00 bis 25,00 cm die Prozentwerte der mittleren relativen Differenz d als Kurve dargestellt.6 Da d Werte zwischen 0 und 50 % annehmen kann, schwankt die Kurve um die 25-%-Linie. Die beiden Minimalwerte von d liegen sehr nahe bei einem Viertel und der Hälfte des 42,81 cm langen cubitus. Im Bereich der in Abb. 5 nicht dargestellten Werte der Grundeinheit E oberhalb von 25,00 cm ergeben sich keine markanten Minima mehr. Für 1/4 cubitus beträgt d 11,4 %. Die 10 gemittelten Abmessungen weichen demnach durchschnittlich um 11,4 % von 1/4 cubitus (10,7025 cm) oder dessen Vielfachen ab, das entspricht ca. 1,2 cm. Für 1/2 cubitus liegt d mit 9,2 % noch etwas niedriger. Damit ist erwiesen, dass der 42,81 cm lange cubitus mit den Abmessungen im unteren Umgang des Aachener Domes besser übereinstimmt als die bisher diskutierten Fußmaße unterschiedlicher Länge, beispielsweise der ca. 29,6 cm lange römische Fuß, der oben genannte ca. 33,3 cm lange drusianische Fuß oder das von Ulrike Heckner im Jahr 2012 ins Feld geführte, von ihr als „Aachener Königsfuß“ bezeichnete Fußmaß mit 32,24 cm Länge.7 Hinzu kommt, dass die genannten Fußmaße einen größeren Teil dieser Abmessungen lediglich mit 1/4 Fuß darstellen können.8

Abb. 5: Die mittlere relative Differenz d an den Maßen im Umgang

Die Seitenlänge eines Oktogons wird berechnet, indem der Durchmesser zwischen den Seiten mit tan(22,5°) multipliziert wird. Wenn für den Durchmesser ein bestimmtes rationales Maß vorgesehen ist, dann liefert der tan-Wert für die Seitenlänge folglich ein irrationales Maß: Es ist inkommensurabel, mit dem Durchmesser nicht „gemeinsam messbar“. Sofern wir für den inneren Oktogondurchmesser sowie für die Breite (a), die innere Länge (b) und die äußere Länge (c) der Pfeilervorlagen am Oktogon (Abb. 3) rationale Werte voraussetzen, werden die Maße (h) und (i) notwendigerweise irrational. Dass sie im 42,81 cm langen cubitus trotzdem ganzzahlig (10 und 12 cubiti) darstellbar sind, gilt nur näherungsweise! Im unteren Diagramm von Abb. 5 wird die Rechnung deshalb unter Ausschluss dieser beiden Abmessungen wiederholt, ohne dass sich jedoch ein nennenswert anderes Bild ergibt.

Abb. 6: Der Grundriss des karolingischen Baus im Erdgeschoss
Abb. 7: Querschnitt durch den karolingischen Bau (Nord-Süd)

Abb. 6 und Abb. 7 zeigen den Erdgeschoss-Grundriss des karolingischen Baus sowie einen Querschnitt in Nord-Süd-Richtung nach der Rekonstruktion von Felix Kreusch.9 Neben den wichtigsten Abmessungen sind auch die zugehörigen Maßzahlen nach dem 42,81 cm langen cubitus eingezeichnet. Der Außendurchmesser am Sechzehneck beträgt 77 cubiti. Der Außendurchmesser am Oktogon steht mit 38 1/2 cubiti zum Außendurchmesser am Sechzehneck im Verhältnis von 1 : 2 (gleich dem Zahlenverhältnis der Ecken 8 : 16). Nun erklärt sich auch, dass unter den Maßen von Abb. 3 lediglich die Länge der Pfeilervorlagen zum Umgang (e) kein Vielfaches von 1/2 cubitus ist: Ihre Länge wurde mit 2 1/4 cubiti so gewählt, dass der Durchmesser zwischen ihren Stirnseiten wieder ganzzahlig wird: (38 1/2 + 2 1/4 + 2 1/4) cubiti = 43 cubiti. Der Innendurchmesser am Oktogon beträgt 33 1/2 cubiti. Die innere Gesamthöhe und der größte innere Durchmesser im Obergeschoss erhielten beide mit 72 cubiti dasselbe Maß. Während der Durchmesser zentimetergenau umgesetzt ist, ist das Höhenmaß gegenüber dem Sollmaß um 19 cm zu niedrig. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der 1910 verlegte Fußboden im Mittel 3,3 cm oberhalb des karolingischen Fußbodenniveaus liegt; außerdem dürfte es im Lauf der Jahrhunderte trotz der eisernen Ringanker, die das Oktogon umspannen, zu einer gewissen Absenkung des Gewölbes gekommen sein.

Die Maße 77 cubiti, 33 1/2 cubiti und 72 cubiti ergänzen sich zu einem theologischen System, das im Folgenden kurz skizziert werden soll: Bereits der Kirchenvater Augustinus zählte 77 Generationen von Adam bis Christus (Lc 3, 23–38).10 Aufgrund von zahlenexegetischen Überlegungen stellt er die Zahl 77 in den Zusammenhang der Vergebung der Sünden durch Christus. Unter Verweis auf Gn 4, 24 bezieht auch Alkuin, zeitweise der führende Gelehrte am Karlshof und vermutlich der maßgebliche Ideengeber bei der Planung der Kirche, die Zahl 77 auf die Entsühnung durch das Blut des in der 77. Generation geborenen Christus.11 33 1/2 Jahre soll Christus unter den Menschen gelebt haben. Dies war eine der Fragen des Aachener Verhörs von 809,12 die auf der Aachener Reichssynode vom November 809 den geladenen kirchlichen Würdenträgern zur Beantwortung vorgelegt wurden. Die Zahl 33 1/2 drückt damit aus, dass Christus selbst in der Kirche unter den Gläubigen anwesend ist, wie es beispielsweise in Mt 18, 20 zum Ausdruck kommt: Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, dort bin ich mitten unter ihnen. Die beiden Zahlen 77 und 33 1/2 können heilsgeschichtlich auch die Abfolge vom Alten (Zeit vor Christus) zum Neuen Testament anzeigen. Das Maß der inneren Höhe und des größten inneren Durchmessers im Obergeschoss verweist mit 72 cubiti dagegen auf die Zukunft, die jenseitige Welt: Wie oben erwähnt, maß der Engel in der Offenbarung des Johannes die Mauer des Himmlischen Jerusalem mit 144 Ellen (Apc 21, 17). Mit dem 72 cubiti großen Maß ist das biblische Maß im Verhältnis von 1 : 2, das an der Kirche mehrfach festzustellen ist, umgesetzt. 72 cubiti entsprechen 144 dodrantes (3/4 Fuß), so dass die Zahl 144 mit dieser Längeneinheit auch genau verwirklicht ist. Da das Maß von 72 cubiti sowohl die Höhe als auch den Durchmesser festlegt, entspricht es auch der Angabe des Johannes, dass Länge, Breite und Höhe der Himmelsstadt gleich sind (Apc 21, 16).

Abb. 8: Der Barbarossaleuchter

Die aus den Maßzahlen erschließbare Symbolik ist auch in der Baugestalt erkennbar. Die im Oktogon zum Ausdruck kommende Zahl Acht gilt als Zahl des Neuen Testamentes und verweist als Auferstehungszahl auf das Jenseits. Das sog. Aachener Säulengitter im Obergeschoss (Abb. 7) kann mit seinen acht Drillingsarkaden zudem mit dem Himmlischen Jerusalem in Verbindung gebracht werden: Das Oktogon lässt sich geometrisch aus zwei mit 45° zueinander verschränkten Quadraten konstruieren, denen auf jeder der vier Seiten jeweils drei Arkadenbögen zugeordnet werden können. Sie entsprechen zahlenmäßig damit den jeweils drei Toren auf jeder Seite der quadratisch angelegten Stadt (Apc 21, 13). Darüber hinaus korrespondiert die Gesamtzahl von 24 Arkaden mit der Zahl der 24 Ältesten aus der Offenbarung des Johannes (Apc 4, 4), die oberhalb im Mosaik des Gewölbes, das dem ursprünglichen karolingischen Mosaik nachempfunden ist, dargestellt sind. Dass die Kirche als Abbild des Himmlischen Jerusalem aufgefasst wurde, wird noch in der Inschrift des im 12. Jahrhundert von Friedrich Barbarossa gestifteten Barbarossaleuchters (Abb. 8) deutlich: Er bezeichne das Himmlische Jerusalem, und die Kirche diene hinsichtlich Gestalt und Zahl als Vorbild.


1 Stefan Wintermantel: Geometrie, Maß und Zahl an der Aachener Marienkirche Karls des Großen, an der karolingischen Abteikirche in Kornelimünster und an der Einhardsbasilika in Michelstadt-Steinbach, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 119/120, 2017/18, S. 51–194.
2 Die Maße im Bereich der nicht mehr originalen Säulenstellungen zum gotischen Chor bleiben hier unberücksichtigt.
3 Felix Kreusch: Werkrisse und Werkmaß der Chorhalle des Aachener Domes, in: Beiträge zur rheinischen Kunstgeschichte und Denkmalpflege, Bd. 2 (Die Kunstdenkmäler des Rheinlandes, Beiheft 20), Düsseldorf, 1974, S. 115–136, hier S. 131.
4 Karl Becker: Die ehemalige Marienkapelle des Aachener Münsters, die Krönungsstätte der deutschen Könige, in: Zeitschrift für Bauwesen 66, 1916, Sp. 195–234, hier Sp. 216 Anm. 53.
5 Norbert Stachura: Möglichkeiten und Grenzen von Maßanalysen, Bochum, 2004, δ-Funktion S. 13–17. Das Kürzel E steht bei Stachura für „Maßeinheit“. Ich verwende im Folgenden die Bezeichnung „Grundeinheit“, da Bauabmessungen auch mit Teilern der gesuchten Maßeinheit – z. B. 1/2 oder 1/4 der Maßeinheit – bemessen sein können. Im Anschluss an die Beschreibung der δ-Funktion stellt Stachura Überlegungen zur Optimierung des Rechenverfahrens an (S. 21–42), auf die hier jedoch nicht eingegangen werden kann. Siehe auch Norbert Stachura: Der Plan von St. Gallen. Maßeinheit, Maßstab und Maßangaben oder das Dilemma im Schlafsaal, Bochum, 2004.
6 Die Kurve wurde mit Excel und Visual Basic for Applications erstellt.
7 Ulrike Heckner: Der Tempel Salomos in Aachen – Datierung und geometrischer Entwurf der karolingischen Pfalzkapelle, in: Die karolingische Pfalzkapelle in Aachen. Material – Bautechnik – Restaurierung (Arbeitsheft der Rheinischen Denkmalpflege, Bd. 78), hrsg. v. Andrea Pufke, Worms, 2012, S. 25–62, hier ab S. 43.
8 Stefan Wintermantel (wie Anm. 1), S. 109 Tab. 1.
9 Felix Kreusch: Kirche, Atrium und Portikus der Aachener Pfalz (Dom zu Aachen. Beiträge zur Baugeschichte, Bd. 5), in: Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben, Bd. 3, hrsg. v. Wolfgang Braunfels u. Hermann Schnitzler, Düsseldorf, 1965, S. 463–533. Grundriss und Querschnitt sind Zeichnungen des Verfassers, die bis auf einzelne Vereinfachungen den Rekonstruktionen Kreuschs folgen: Erdgeschoss-Grundriss nach S. 466 Fig. 2, Querschnitt nach Fig. 4 auf Faltblatt nach S. 474.
10 Augustinus: Sermo LI, bearb. v. F. Dolbeau, in: Sancti Aurelii Augustini. Sermones in Mathaeum I (Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 41 Aa), Turnhout, 2008, S. 5–50, hier S. 47–50.
11 Alkuin: Interrogationes et responsiones in Genesin, hrsg. v. Jacques-Paul Migne, in: Patrologia Latina, Bd. 100, Paris, 1863, Sp. 515–566, hier Sp. 526 A–B.
12 Das Aachener Verhör von 809, bearb. v. Arno Borst, in: Schriften zur Komputistik im Frankenreich von 721 bis 818, Teil 3 (Monumenta Germaniae Historica, Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters 21/3), Hannover, 2006, S. 1034–1053, hier S. 1042.